Publikationen
Jahresbericht IFS ITMS IRMS 2023
Kooperationsprojekte – Nachwuchsförderung – nationale und internationale Vernetzung – unsere neue Datenbank: Diese Themenbereiche, eng miteinander verwoben, haben unser Jahr 2023 geprägt. Ein Langzeit-Anliegen des Inventars der Fundmünzen der Schweiz (IFS) ist die Nachwuchsförderung. Im Berichtsjahr konnten wir diese intensivieren, indem wir Studierende in unsere Projekte integrierten, Praktika anboten und ihnen bei universitären Qualifikationsarbeiten beratend zur Seite standen; zudem war Vanessa Zumtobel, Universität Wien, für vier Wochen im IFS zu Besuch, um die Fundmünzenlandschaft der Schweiz vertieft kennenzulernen. Dieser Austausch mit Studierenden war sehr bereichernd und soll auch in Zukunft fortgesetzt werden.
Als Unternehmen der Schweizerischen Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften (SAGW) gingen die Personalwechsel im SAGW-Generalsekretariat nicht unbemerkt an uns vorüber. Im Rahmen einer Strukturanalyse der SAGW konnten sich auch die Unternehmen mit ihren sehr unterschiedlichen Bedürfnissen gemeinsam einbringen; diesen vertieften Kontakt untereinander wollen wir auch in Zukunft pflegen.
Das Team und die wissenschaftliche Kommission blieben unverändert. Leider verlässt Katharina Schäppi, Kantonsarchäologin des Kantons Schaffhausen, die Kommission auf das Jahresende; wir danken ihr sehr für ihr Engagement.
1. Wissenschaftliche Tätigkeit
Der Grossteil der wissenschaftlichen Arbeiten erfolgte im Rahmen der Forschungskooperationen mit verschiedenen Kantonsarchäologien (siehe unten). Das Zusammenstellen der Informationen für unser Bulletin IFS ITMS IRMS 30, 2023, gab uns einmal mehr die Möglichkeit, mit allen Kantonen in Kontakt zu treten. Mit drei kurzen Beiträgen und einigen Illustrationen konnten wir einige Besonderheiten unter den knapp 500 aufgelisteten Komplexen hervorheben. Das Heft erschien termingerecht und wurde zusammen mit dem Dezemberheft der Schweizer Münzblätter verschickt.
Aber es kam auch Ungeplantes! Eine Anfrage aus dem Bergsturzmuseum Goldau zum Wert einer im Jahr 1940 gefundenen Barschaft löste Hektik aus, stellten wir doch rasch fest, dass dieser Fund gar nie offiziell verzeichnet worden war. In Rücksprache mit dem Staatsarchiv Schwyz konnten wir die Münzen ins IFS ausleihen und dokumentieren; ab Januar 2024 werden sie im neuen Bergsturzmuseum Goldau zu besichtigen sein. Und im Sommer war der frühneuzeitliche Hortfund von Merishausen SH «zu Besuch» in Bern: Es galt, in drei Tagen mit gebündelten Kräften für das Museum Allerheiligen die Katalogisierung voranzubringen. Das IFS-Team, verstärkt durch Studierende und Freiwillige, arbeitete sich durch rund 750 der total 1’087 Münzen – eine solide Basis, um in Schaffhausen die Arbeiten im Hinblick auf eine IFS-Publikation abzuschliessen!
Fanny Puthod organisierte ein Sonderheft der Schweizer Münzblätter für unseren «Freiwilligen» Pierre Zanchi, der im letzten Jahr seinen 80. Geburtstag feierte. Mehrere Beiträge des Teams sind erschienen, insbesondere Berichte zu den Münzfunden der Kantone Baselland, Bern und Freiburg. Das in Kooperation mit dem Kanton Zug durchgeführte Forschungsprojekt zum keltisch-römischen Münzhort von Zug-Eielenwald wurde durch Michael Nick, Markus Peter und Stephen Doswald zum Abschluss gebracht und in Tugium 39 veröffentlicht. Die Arbeiten am Band zu den Fundmünzen des Kantons Neuenburg stehen kurz vor dem Abschluss; Arbeiten für weitere Publikationen laufen.
Eine traurige Pflicht war, den numismatischen Nachlass unserer im Januar 2023 unerwartet verstorbenen Kollegin Beatrice Schärli zu sichern. Das Aussortieren und Zugänglichmachen ihrer Materialien wird uns 2024 beschäftigen.
Die Arbeiten für die neue Datenbank nahmen Fahrt auf: Im Mai konnten wir den Vertrag mit Render SA, Valencia, unterzeichnen. Inzwischen ist die web-basierte Applikation Dédalo auf einem Server im IFS eingerichtet, und die ersten bereinigten Thesauri sind importiert. Die Datenbereinigung wurde fortgesetzt. Im Herbst gab uns ein Workshop in Valencia zur Feier des 25-jährigen Bestehens von Dédalo die Möglichkeit des Austauschs nicht nur mit den anderen numismatischen Anwendern, sondern auch mit Vertretern von Oral History-Projekten, Archiven und kulturgeschichtlichen Museen, was äusserst inspirierend war.
Der Zuwachs unserer archäologisch-numismatischen Fachbibliothek, die von Sonya Luyet und F. Puthod betreut wird, um über 150 Einheiten erfolgte weitestgehend über Schriftentausch und Geschenke. Der Bestand ist über unsere Homepage erschlossen und kann vor Ort genutzt werden.
2. Kooperationen und internationale Beziehungen
Die enge Zusammenarbeit mit vielen Kantonsarchäologien und Münzkabinetten konnte fortgesetzt werden. Ab 2023 hat der Archäologische Dienst Bern (ADB) wieder eine unbefristete Stelle für die Fundmünzenbearbeitung geschaffen, F. Puthod wechselt für dieses Mandat vom IFS zum ADB; die enge Zusammenarbeit bleibt weiterhin bestehen. Die Kantone Aargau, Freiburg, Solothurn und Zug werden weiterhin über das IFS durch M. Nick (Vindonissa), Anne-Francine Auberson, Christian Schinzel, S. Doswald und bei Bedarf durch das gesamte IFS-Team betreut. Über weitere Kooperationen wurden 2023 insbesondere die vielen Neufunde in den Kantonen Baselland und St. Gallen bearbeitet, und im Kanton Jura konnten wir die Bearbeitung älterer Funde fortsetzen. In den Kantonen Aargau, Basel-Stadt, Glarus, Graubünden, Jura, Luzern, Thurgau, Schaffhausen und Uri bearbeiteten wir Neufunde. – Hervorzuheben ist die Bearbeitung des constantinischen Hortes von Bubendorf BL, gefunden 2021: Nachdem im Frühling die Reinigung der Münzen abgeschlossen war, konnten wir die Dokumentationsphotos erstellen. Im Frühlingssemester war das IFS-Team in die numismatische Übung «Konstantin der Grosse und das Kleingeld» von M. Peter an der Universität Bern einbezogen. Im Sommer folgte dann die Katalogisierung der 1'290 Münzen: Das IFS-Team, verstärkt durch Freiwillige sowie Studierende der Universitäten Basel, Bern, Zürich und Wien, konnte diese Arbeit in knapp zwei Wochen abschliessen. Die Ergebnisse wurden an der Jahrestagung der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für Provinzialrömische Archäologie (ARS) vorgestellt.
Mitglieder des IFS-Teams sind im Vorstand der Schweizerischen Numismatischen Gesellschaft (SNG; A.-F. Auberson bis Sommer 2023, Lorenzo Fedel) und der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für Fundmünzen (SAF; F. Puthod) vertreten und bereiteten deren Tagungen in Liestal und Zürich mit vor. An beiden Veranstaltungen waren wir auch mit Referaten präsent; an den «Werkstattberichten» in Liestal bestritten wir den Regionalteil quer durch die Epochen (keltisch M. Nick, römisch Jonas von Felten/M. Peter/Pilar Sanchez, Mittelalter/Neuzeit R. C Ackermann/Reto Marti). Zudem ist das IFS im Netzwerk Archäologie Schweiz und im Fachportal Altertumswissenschaften ch-antiquitas.ch vertreten. F. Puthod bestritt an der Universität Neuenburg eine Einführungslektion in römische Numismatik, und R. C. Ackermann wurde an der Universität Basel/Vindonissa-Professur für die verschiedenen Projekte und die Betreuung von Studierenden beigezogen.
Die internationalen Beziehungen verzeichneten einige Höhepunkte: R. C. Ackermann stellte an einer Table Ronde zum Thema «Herausforderung Fundmünzen» des Bundesdenkmalamts Österreich in Wien die Arbeitsweise des IFS vor, die als «vorbildlich» bewertet wurde. Während der Tagung des ECFN – European Coin Find Network & nomisma.org in Sofia, Bulgarien, mitorganisiert durch das IFS, konnten viele Kontakte gepflegt werden. An der Abschlusstagung eines Projekts der Universität Tübingen mit syrischen Archäolog*innen legten M. Peter und R. C. Ackermann an der Yarmouk University, Irbid, Jordanien, den Mehrwert des Langzeit-Monitorings von Fundmünzen anhand europäischer und Schweizer Beispiele dar.
Auch die Kooperationen im digitalen Bereich intensivieren sich: Wir arbeiten aktiv im Netzwerk nomisma.org und in OSCAR, der online-Typologie zu Schweizer Münzen, mit. Die erste Phase von ClaReNet, eines Projekts zu KI-gestützter Typologisierung keltischer Münzen, in das M. Nick eingebunden ist, wurde durch eine Evaluierung und eine internationale Tagung am Sitz der Römisch-Germanischen Kommission in Frankfurt a/M abgeschlossen. Ein Folgeprojekt «Data Quality for Numismatics based on Natural Language Processing and Neural Networks» wurde im Rahmen eines Workshops in der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin, diskutiert, zu dem R. C. Ackermann eingeladen war. Der rege Austausch mit verwandten Projekten in den unterschiedlichen Personenkonstellationen stärkt auch die Rolle des IFS als Institution innerhalb dieser internationalen Netzwerke.
3. Öffentlichkeitsarbeit
Unsere Homepage, durch J. von Felten und M. Nick betreut, ist weiterhin unser wichtigstes Fenster nach aussen. Neuigkeiten, Publikationen und unser Bibliothekskatalog ergänzen die wichtigsten Bereiche, die «Münzen online» und die digitalisierten Archivalien.
Unsere Vermittlungsarbeit beschränkt sich nicht auf numismatisch-archäologische Fachgremien. Gleich zwei Abende der Freien Vereinigung Zürcher Numismatiker bestritt das IFS: Im Februar stellte A.-F. Auberson Münzfunde aus Kirchen des Kantons Freiburg vor, im November gaben R. C. Ackermann und M. Peter einen Überblick über Baselbieter Münzfunde. R. C. Ackermann konnte im Format «Archäologie persönlich» des Vindonissa-Museums Brugg ihre Passion für Archäologie und Münzfunde teilen. Der Einbezug des IFS in die Freiwilligenarbeit des Kantons Aargau ermöglichte viele Kontakte mit engagierten Menschen, ganz im Sinn der kulturellen Teilhabe. Und am Römerfest Augusta Raurica war der Stand des IFS einmal mehr sehr gut besucht, während zweier Tage wurden zahlreiche Fragen des Publikums beantwortet.
Zudem präsentierten wir uns auf dem Platz Bern: An der DAB23 – Digital Archaeology Bern waren wir mit dem Poster «Linking the Dots – Linking Coin Finds» vertreten, und an der Veranstaltung «Linked Open Data in Dialogue» der Universität und der Universitätsbibliothek Bern stellte R. C. Ackermann die «Linked Open Data in Numismatics» vor.
4. Administration
Das IFS-Team ist unverändert. Unser bewährtes Netzwerk von Freiwilligen, Kolleg*innen und Studierenden konnte hingegen erweitert werden; nur mit dieser Unterstützung meistern wir die vielseitigen Aufgaben und Projekte. Allen, die in diesem Jahr mit uns zusammengearbeitet haben, danken wir sehr.
Die IFS-Kommission traf sich zweimal für die laufenden Geschäfte; dank der Infrastruktur im Haus der Akademien konnten diese Sitzungen in hybrider Form durchgeführt werden. Weiteres wurde auf dem Korrespondenzweg erledigt. Der Kommissionspräsident Daniel Schmutz traf sich regelmässig mit der Leiterin und dem Team, um sich über die laufenden Arbeiten zu informieren. Im Rahmen einer Team-Retraite nahm er zudem gemeinsam mit uns eine Standortbestimmung vor.
Die Finanz- und Personaladministration wurde gewohnt effizient und sorgfältig durch Tom Hertig, SAGW, und sein Team erledigt. Christine Kohler, die uns viele Jahre lang mitbetreut hat, verliess im Frühling die SAGW; anschliessend waren Beatrice Scheidegger und Eva Bühler für uns zuständig. Wir danken der SAGW sehr für die vielseitige Unterstützung.
5. Ausblick
Die erste Publikation 2024 hatten wir bereits Ende 2023 in den Händen: Mit der Vorlage der spektakulären Funde von Füllinsdorf-Büechlihau findet eine mehrjährige Forschungskooperation mit der Archäologie Baselland ihren Abschluss. Das Erscheinen des Neuenburg-Bands wird Kräfte freisetzen für die weiteren Publikationsprojekte in der Warteschlaufe. Die Migration unserer digitalen Ressourcen und deren Zusammenführung in die neue Datenbank werden unsere Hauptaufgabe sein. Die bestehenden Forschungskooperationen werden wir fortsetzen, und wir sind gespannt, welche Überraschungsfunde im Lauf des Jahres auf unserm Tisch landen.
Die aktive Mitarbeit des IFS in den nationalen und internationalen Netzwerken wird uns weitere Höhepunkte bescheren. Und die Vernetzung soll auch auf persönlicher Ebene stattfinden: Wir freuen uns auf die Kontakte mit Studierenden und auf den Besuch eines «visiting scholars» – doch dazu mehr in einem Jahr!
Rahel C. Ackermann
Bern, Januar 2024